Viele richtige Einzelmaßnahmen mit gutem wirtschaftspolitischem Ansatz, aber an Strukturreformen muss weitergearbeitet werden. So sehen die Spitzen aus den zwölf Industrie- und Handelskammern in Baden Württemberg – die im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) mit starker Stimme die Interessen von mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen vertreten – den vorgestellten Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD in Berlin. Die Präsidenten und Hauptgeschäftsführenden aller IHKs im Land haben sich heute im Rahmen ihrer Frühjahrssitzung in Stuttgart mit dem Papier befasst. Zu Gast beim BWIHK waren die neue DIHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Helena Melnikov sowie Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.
Mit Blick auf die angespannte wirtschaftliche und geopolitische Lage – insbesondere die Auswirkungen der US-Zollpolitik – ist erfreulich für die Versammlungsmitglieder, dass sich nun zügig eine stabile und handlungsfähige Bundesregierung auf Basis des Koalitionspapiers bilden kann. Die Südwestwirtschaft begreift das Papier jetzt vor allem als Startschuss zum Handeln: Es gilt in zentralen Feldern die Weichen so zu stellen, dass aus Ankündigungen schnell konkrete Ergebnisse, Entlastungen und Impulse werden. Sei es beim Abbau von Überregulierung, der Beschleunigung von Plan- und Genehmigungsverfahren, bei Investitionsanreizen oder der Senkung der Energiekosten. Denn nach drei Jahren mit negativem Wachstum ist die Substanz vieler Unternehmen spür- und sichtbar angegriffen. Umso wichtiger ist jetzt eine echte Politikwende. Das Koalitionspapier enthält hier einige positive Ansätze, bleibt aber bei zentralen Strukturreformen vage – und ist damit noch kein Garant für einen sichtbaren konjunkturellen Aufbruch oder eine nachhaltige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
Dazu BWIHK-Präsident Dr. Jan Stefan Roell: „Nur über die neuen Schulden, die wir mit dem Sondervermögen und den Lockerungen bei der Schuldenbremse nun zweifelsohne bekommen, lösen wir nicht die strukturellen Probleme. Der Koalitionsvertrag setzt richtige Zeichen zur Deregulierung, Beschleunigung von Verfahren bei Planung und Genehmigung, Entlastung bei Energiekosten oder Arbeitszeitflexibilisierung. Allerdings kommt die wichtige Unternehmenssteuerreform mit 2028 zu spät. Der Solidaritätszuschlag, der vor allem ein Obolus der Wirtschaft ist, soll bleiben. Auch vermisse ich echte Ansätze, um die Explosion von Kosten und Beiträgen der sozialen Sicherungssysteme einzudämmen. Deshalb bin ich aus Sicht unserer vielen Südwestunternehmen mit dieser Willenserklärung nicht unzufrieden – es ist aber noch deutlich mehr möglich und auch nötig, wollen wir den vollen ökonomischen Aufbruch erreichen. Als IHK-Organisation werden wir uns in den Prozess weiter konstruktiv ein- bringen. Deutschland und Europa müssen auch als Reaktion auf die US Politik schnell wettbewerbsfähiger werden.“
