Industrie ist Treiber der Erholung – negativer Beschäftigungstrend in allen Branchen
Der Lockdown sorgt in der baden-württembergischen Wirtschaft für ein sehr unterschiedliches Bild in den einzelnen Branchen. Während viele Industriebereiche mit ihrem Exportgeschäft Treiber einer immer stabileren Erholung sind, haben sich die Perspektiven vor allem in Einzelhandel, Gastronomie, Tourismus und im Veranstaltungs- und Messegeschäft dramatisch verschlechtert. Die Bauwirtschaft steht aktuell hervorragend da, verzeichnet aber außer im Wohnungsbau ein rückläufiges Auftragsvolumen. Bei den Dienstleistern profitieren die industrienahen Anbieter vom Branchenaufschwung, auch Informations- und Telekommunikationstechnik sind sehr gefragt. Einige dieser unterschiedlichen Trends dürften sich in den nächsten Jahren fortsetzen.
Rund 17 Prozent der Betriebe berichten von Geschäften auf Vorkrisenniveau, acht Prozent rechnen mit Erholung im 1. Halbjahr 2021, 28 Prozent im 2. Halbjahr 2021, 22 Prozent im Jahr 2022 und sieben Prozent erst später. Das zeigt die aktuelle BWIHK-Konjunktur-Umfrage für den Südwesten, an der sich 3.839 Unternehmen aller Branchen und Betriebsgrößen beteiligt haben.
Kurzarbeit sichert Jobs
„Daher werden Investitionspläne verschoben und der Personalbedarf zunächst mal nach unten korrigiert“, erläutert Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, der beim BWIHK für die Themen Konjunktur und Beschäftigung zuständigen Kammer. Das Instrument Kurzarbeit helfe, Jobs zu erhalten. Der Bezug ist bis Ende 2021 längstens für 24 Monate möglich. Doch Engelhardt rechnet für die Zeit nach dem Lockdown mit weiterhin vorsichtigen Beschäftigungsplänen: „Der Beschäftigungstrend für die nächsten zwölf Monate ist weiterhin negativ, auch in der Industrie mit ihrem hohen Kostendruck im Rahmen der Transformation.“
Diese Einschätzungen basierten auf den Unsicherheiten, wann und in welchem Umfang das Geschäft wieder starte und welche kurz- und langfristigen Auswirkungen in und nach der Pandemie es etwa bei Konsumverhalten, Produktions- und Lieferketten sowie Pendlerströmen und Beschäftigungsmodellen gebe.
Tausende fürchten die Pleite
Zwei Drittel der Unternehmen müssen Umsatzverluste im vergangenen Jahr gegenüber 2019 in Folge der Pandemie verkraften. Die Erlöse sind bei jedem fünften Betrieb sogar um mindestens mehr als ein Viertel eingebrochen. Höhere Umsätze konnten lediglich sieben Prozent verbuchen. Diese Umsatzverluste belasten nicht nur die Erträge der betroffenen Unternehmen: Aktuell melden 28 Prozent der Betriebe Eigenkapitalrückgänge, 17 Prozent Liquiditätsengpässe, jeweils 16 Prozent zunehmende Forderungsausfälle sowie eine Verschlechterung ihres Branchenratings. Drei Prozent der Unternehmen stehen vor der Insolvenz. Das sind fünf- bis sechsmal mehr als in Vorkrisenzeiten. Im Bereich Hotels und Gaststätten fürchtet jeder siebte Betrieb die Insolvenz. Auch weil Corona-Hilfen nach Schilderung vieler IHK-Betriebe nicht im nötigen Tempo fließen.
Starke Industrie in Baden-Württemberg stabilisiert
Engelhardt sieht aber auch positive Faktoren: „Im Vergleich zu vielen anderen Regionen in Europa hat Baden-Württemberg eine starke industrielle Basis.“ Diese sorge nach wie vor für Gewinne, Steuern und Abgaben sowie viele Jobs. Auch dürften die Ende Dezember angelaufenen Impfaktionen trotz Anlaufproblemen bei der verfügbaren Menge viele Einschätzungen und Erwartungen in den Betrieben verbessert haben, vor allem in der Industrie.
Noch mehr Informationen zu Konjunktur und Beschäftigung finden Sie hier.
