Handel, HoGa, Tourismus und Kreative begrüßen Öffnungsperspektiven
„Dass sich die Wirtschaft Baden-Württembergs trotz größter Einschränkungen in den letzten Monaten insgesamt positiv entwickeln konnte, liegt vor allem an den hochgradig exportorientierten Industrieunternehmen, die hierzulande stärker vertreten sind als in vielen anderen Regionen Deutschlands“, sagt BWIHK-Präsident Wolfgang Grenke. Während ganze Branchen monatelang vom Lockdown betroffen waren und noch betroffen sind, erweisen sich Industrieunternehmen und industrienahe Dienstleister im Südwesten auch in der Corona-Krise als Treiber der konjunkturellen Erholung. Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen BWIHK-Konjunkturumfrage, an der sich im April dieses Jahres mehr als 3.700 Unternehmen aller Branchen, Unternehmensgrößen und Regionen im Südwesten beteiligt haben.
Lockdown-Branchen weiter in schwieriger Lage
In einer guten wirtschaftlichen Situation befinden sich laut Umfrage bei den persönlichen Dienstleistungen nur elf Prozent der Betriebe, im Personenverkehr vier Prozent, im Einzelhandel mit Bekleidung, Schuhen und Textilien lediglich knapp zwei Prozent. Im Hotel- und Gaststättengewerbe geht es keinem Betrieb gut, 95 jedoch schlecht. In diesen Branchen ist der Anteil der Betriebe mit problematischer Finanzlage überdurchschnittlich hoch. 43 Prozent der Hotels und Gaststätten bewerten ihre aktuelle Finanzlage als schlecht, 28 Prozent als existenzgefährdend. Bei den persönlichen Diensten tun dies 27 bzw. 19 Prozent. Gesamtwirtschaftlich meldet jedes zehnte Unternehmen eine schlechte, gut drei Prozent eine existenzgefährdende Finanzlage. Die Umsätze der am meisten leidenden Unternehmen befinden sich im Keller, Verluste türmen sich auf, das Eigenkapital schmilzt. Die Lage bleibt für diese Unternehmen prekär, nicht wenige stehen vor dem Aus.
Wirtschaft weiterhin zweigeteilt
An der Zweiteilung der konjunkturellen Entwicklung wird sich in den nächsten Monaten nicht viel ändern – die Zuversicht in den sich rasch erholenden Wirtschaftszweigen steigt. Zunehmend kräftigere Impulse aus Asien, vor allem aus China, aus Nordamerika aber auch aus der EU wird die Erholung vorantreiben. Aber auch die sich allmählich wieder belebenden Inlandsinvestitionen, insbesondere in der Industrie, tragen auf noch niedrigem Niveau zu einer positiven Entwicklung der Inlandsnachfrage bei. Erstmals seit dem Ausbruch der Pandemie wollen wieder mehr Betriebe ihre Investitionsausgaben erhöhen (30 Prozent) als verringern (22 Prozent). Die Investitionspläne bleiben jedoch angesichts der anhaltenden Risiken von Vorsicht geprägt.
Erst wenn aufgrund der zunehmenden Durchimfpung der Bevölkerung und dauerhaft abnehmender Infektionszahlen permanente Lockerungen möglich werden, die den derzeit noch von Schließungen und harten Beschränkungen betroffenen Branchen wieder mehr wirtschaftliche Aktivität erlauben, wird sich die Stimmung in diesen Wirtschaftszweigen nachhaltig verbessern. Erst dann wird sich die Spaltung des Wirtschaftsgeschehens allmählich wieder auflösen. Damit ist in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.
Vorerst bremst der Lockdown die Erholung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität. Die Pandemie bleibt mit einem Anteil von 71 Prozent das am häufigsten genannte Geschäftsrisiko. Die Nachfrageentwicklung hat dagegen an Bedeutung verloren. Aufgrund von Lieferengpässen und der weltweit wieder steigenden Produktion sowie kräftig steigenden Rohstoffpreisen hat sich die Zahl der Unternehmen, denen diese Entwicklung Sorgen bereitet, auf über 33 Prozent seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt.
