Die Wirtschaft erlebt stürmische Zeiten. Die hohe Inflation, die Unsicherheiten auf dem Energiemarkt mit rasant steigenden Preisen bei Strom und Gas sowie der grassierende Fachkräftemangel hinterlassen deutliche Spuren bei den Unternehmen. „Der konjunkturelle Abschwung ist in der baden-württembergischen Wirtschaft angekommen, die Rezession ist in Sichtweite“, fasst BWIHK-Vizepräsidentin Marjoke Breuning die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage im Südwesten zusammen.
An der Umfrage haben zwischen Ende September 2022 und Mitte Oktober 2022 landesweit rund 3.360 Unternehmen aller Größen und Branchen teilgenommen. Demnach blickt nur noch jedes achte Unternehmen optimistisch in die Zukunft, das ist deutlich weniger als im Frühsommer, als noch jedes fünfte Unternehmen auf bessere Geschäfte hoffte. „Es sind aber vor allem deutlich weniger Optimisten als noch zu Beginn der Corona-Pandemie, was uns große Sorgen macht“, so Breuning.
Fast jedes zweite Unternehmen geht von einer schlechteren Geschäftsentwicklung aus, im Frühsommer befürchtete dies nur jeder vierte Betrieb. Und während im Sommer noch 50 Prozent der Befragten von gleichbleibenden Geschäftserwartungen ausgingen, sind das jetzt nur noch knapp 44 Prozent. Auch die aktuelle Lage trübt sich langsam ein. Knapp 51 Prozent der Betriebe bewertet sie nur als befriedigend – fast acht Prozent mehr als im Frühsommer. 36 Prozent der Befragten sagen die Lage sei gut (Frühsommer 45 Prozent), als schlecht bewerten sie 13 Prozent (Frühsommer 12 Prozent).
Die Gründe für den pessimistischen Blick in die Zukunft sind vielfältig.
Ganz oben auf der Liste der größten Geschäftsrisiken stehen die hohen Preise für Gas und Strom, hier hat sich die Lage im Vergleich zum Sommer weiter verschärft. 79 Prozent der Unternehmen sehen die hohen Energiepreise als ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, im Frühsommer waren es noch 70 Prozent. „Nur jedes zweite Unternehmen kann die steigenden Energiepreise in Teilen an seine Kunden weitergeben. Ein Großteil schultert die Kosten selbst, was die Erträge deutlich schmälert“, so Breuning. „Den Betrieben geht es jetzt deutlich ans Eingemachte, der Winter wird eine harte Zerreißprobe. Es ist deshalb wichtig, dass die Politik auch die Wirtschaft zum 1. Januar 2023 entlastet und nicht erst zum 1. März. Wenn wir die Unternehmen jetzt alleine lassen, wird das für viele das wirtschaftliche Aus bedeuten“, so Breuning weiter.
Neben den hohen Energiepreisen plagt die baden-württembergische Wirtschaft der Fachkräftemangel, auch hier hat sich die Lage nochmals verschärft. „Der Fachkräftemangel ist mitten in der Gesellschaft angekommen, der Arbeitskräftemangel war noch nie so offensichtlich und so spürbar wie jetzt. Wenn Läden ihre Öffnungszeiten wegen fehlender Arbeitskräfte einschränken müssen oder Bistros zubleiben, dann ist es bereits fünf nach zwölf “, betont die BWIHK-Vizepräsidentin. „Die Politik muss jetzt ihre Ankündigungen wahr machen und die Berufliche Bildung noch attraktiver gestalten. Es muss in den Köpfen aller ankommen, dass duale Ausbildung und Studium in einer Liga spielen.“ 61 Prozent der Unternehmen sehen denn auch in den fehlenden Fachkräften ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung, im Frühsommer waren es noch 58 Prozent. Die Mehrheit der Unternehmen (65 Prozent) gab an, dass sie derzeit offene Stellen nicht besetzen können. Am meisten fehlen Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung (78 Prozent), gefolgt von Akademikern (40 Prozent) und Fachkräfte mit einer Weiterbildung (36 Prozent). Als weitere Risikofaktoren folgen die hohen Rohstoffpreise, die sinkende Inlandsnachfrage angesichts nachlassender Investitionen und steigender Lebenshaltungskosten, die steigenden Arbeitskosten sowie die aktuelle Politik.
